FONOFORUM

 

Celibidache-Film
von
Serge Celebidachi

Die an der Kunst des großen rumänischen Maestro Interessierten haben lange darauf gewartet: auf den Film "Le jardin de Celibidache", dessen Regie in den Händen von Celibidaches Sohn Serge Celebidachi (so der amtliche Familienname) lag. Celibidache selbst hat die Premiere, die im November vorigen Jahres im Louvre stattfand, nicht mehr erlebt. In Deutschland wurde der Film erstmals auf dem Münchner Filmfest vorgestellt, und nun kommt er, ein Jahr nach Celibidaches Tod, in die Kinos. Unter dem Titel "Der Garten des Sergiu Celibidache" startet er zuerst Mitte August in München.

Serge Celebidachi hat aus maximaler persönlicher Nähe heraus die späte Wirkungszeit seines Vaters dokumentiert - als Dirigent, Lehrer und Privatperson. Das Ergebnis ist jedoch keine mehr oder weniger logisch verknüpfte Reportage, sondern eine mit planvoller Intuition durchgeführte Hommage. Den Leitfaden lieferte dabei die von tiefem Verstehen zeugende Erörterung von Celibidaches geistigem Vermächtnis, der "Musikalischen Phänomenologie". Der Dirigent Celibidache ist mit "seinen" Münchner Philharmonikern, die unter ihm, der sie von 1979 bis zu seinem Tod leitete, zu einem Weltorchester aufblühen konnten, bei Proben und im Konzert zu sehen: mit Bartoks "Konzert für Orchester", der neunten Sinfonie Bruckners, dem Mozart-Requiem und Haydn. Frappierend ist dabei die mit nur einem einzigen Mikrophon erzielte Aufnahmequalität: sehr direkt und doch von wirklichkeitsnaher, unverfälschter Raumwirkung; machtvoll, aber klar und geschlossen im fortissimo. Ein bißchen so muß es für Celibidache geklungen haben, denn das Mikrophon befand sich über seinem Platz. Ohne Stilisierung oder Beschönigung ist der Pädagoge Celibidache mit seinen Schülern zu beobachten, immer unverstellt spontan, unbestechlich an der Sache orientiert, den Dienst am musikalisch Wesentlichen gnadenlos einfordernd. Und dann ist da die Hingabe des alten Mannes an das vielfältige Leben in seinem weitläufigen Garten. Überall ein Mensch, der gibt. Serge Celebidachis Film ist mosaikartig strukturiert, aus lauter kurzen Sequenzen, die immer wieder den Wunsch nach längerem Verweilen provozieren, dabei aber dramaturgisch bezugreich und schlüssig wirken. So hat das Porträt trotz 140minütiger Dauer keinen schwachen Moment und wird selbst zum feinsinnigen, sensiblen und intensiven Kunstwerk, dem die Nähe in keinem Moment schadet, sondern jederzeit den rechten Elan verleiht. Celebidachi holt die Persönlichkeit seines Vaters posthum aus der Ecke einer Legende und gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, sich in einen faszinierenden Menschen mit extremen Eigenschaften einzufühlen.

Nach dem Münchner Start soll "Der Garten des Sergiu Celibidache" im September in Berlin, Köln und Stuttgart, dann auch in Frankfurt, Hamburg, Nürnberg und weiteren Städten anlaufen.

Christoph Schlüren in Fono Forum Ausgabe September 1997 


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